Die Dunsthöhle am Helvetiushügel ist ein weltweit einzigartiges Naturphänomen!
Die Dunsthöhle liegt auf dem Gelände eines ehemaligen Steinbruchs, in dem Buntsandstein gebrochen wurde. Kamen die Steinbrucharbeiter in eine bestimmte Tiefe, bemerkten sie einen "Dunst", von dem sie ohnmächtig wurden. In der Grube fand man immer wieder tote Vögel und anderes Getier. Als der Pyrmonter Brunnenarzt Dr. Johann Philipp Seip 1712 nach Pyrmont kam, ging er diesen Erscheinungen nach. Er kam zu dem Ergebnis, dass es sich um Schwefeldunst handele. Kohlendioxid war noch nicht bekannt und wurde erst einige Jahrzehnte später als Luftsäure identifiziert. Seip hatte in Selbstversuchen durch "wiederholtes Schwitzen und Einziehung des Schwefeldunstes in der Grube" festgestellt, "daß von giftigem Wesen nicht das allergeringste darinnen." Mit Genehmigung des Fürsten Friedrich Anton Ulrich zu Waldeck und Pyrmont ließ er 1720 "ein steinernes Gewölbe über die dünstende Grube bauen und darüber ein kleines Gewölbe, "ohn-gefähr 6 Schuh ins Viereck und 10 Schuh hoch" ausmauern, um dort für Kurgäste ein "trockenes Schweißbad" einzurichten.
Dr. Seip ließ in die Bruchsteinwand eine heute noch vorhandene Steintafel einbauen mit der Inschrift: "Machst Du Italien mit Ratitäten groß, sieh hier, die Schwefelgrub'' dampft auch aus Pirmonts Schoß". Hiermit spielte Seip auf die Grotta del Cane bzw. die Hundsgrotte bei Neapel an. Seip hat als erster die Heilwirkung des CO2-Gases entdeckt. Wenn auch sein trockenes Schweißbad wegen des nicht konstanten Kohlendioxid-Standes nicht kontinuierlich genutzt wurde, konnte er doch feststellen, dass Leute aller Schichten "rühmen von guter Besserung und Hülfe gegen Geschwulst der Füße, Gichtschmerzen, Steifigkeit der Glieder" und Linderung anderer Leiden.
Heute kennen wir den Ursprung des Kohlendioxids. Hier in der Dunsthöhle tritt das CO2-Gas trocken aus. Dieses Vorkommen wird Mofette genannt. Das Gas dringt durch die Risse und Gesteinsklüfte der Quellspalte an die Oberfläche. Das merkwürdige Verhalten des CO2-Gases hat bis heute die Besucher immer wieder beeindruckt. Es ist eineinhalb mal schwerer als Luft, bleibt daher in der Grube liegen und reagiert hauptsächlich auf die Lufttemperatur und den Luftdruck. Im CO2-Gas bekommt man ein Wärmegefühl. Dabei ist die Temperatur des Gases in der Dunsthöhle im Sommer bei hohen Lufttemperaturen deutlich kühler (Beispiel: + 31° C Luft, aber + 16°C CO2). Im Winter ist es dagegen umgekehrt (- 1,2° C Luft, + 2,1° C CO2). Messungen hat zuerst der Pyrmonter Brunnenarzt Dr. Heinrich Matthias Marcard (1747 - 1817) durch-geführt. Er beschreibt das CO2-Vorkommen in der Dunsthöhle und eine Vielzahl von Experimenten sehr aus-führlich, ebenso die heilende Wirkung des Gases:
"Wenn man eine Weile mit den unteren Theilen des Körpers in diesem Dunste ist, ohne daß man darin athmet, so spürt man eine Wärme an den unteren Gliedmaßen, die vorzüglich mit einem Reiz auf die Geburtstheile würken, und er von den Weibern am meisten empfunden wird, weil die Art ihrer Kleidung dem Dunst freyes Spiel läßt. Wenn man aber an anderen Orten aus diesem Gefühl von Wärme geschlossen hat, daß ein solcher Dunst würklich warm sey, so hat man sich übereilt, und, indem man seiner Sache glaubte gewiß zu seyn, am Thermometer gesehen, was man nicht konnte gesehn haben."
Die Erklärung dieses Widerspruchs ist die durchblutungsfördernde Wirkung des CO2-Gases.
Johann Wolfgang von Goethe war bei seinem Kuraufenthalt im Jahre 1801 von der Dunsthöhle sehr beeindruckt. In den "Annalen" heißt es:
"Die merkwürdige Dunsthöhle in der Nähe des Ortes, wo das Stickgas, welches mit Wasser verbunden so kräftig heilsam auf den menschlichen Körper wirkt, für sich unsichtbar eine tödtliche Atmosphäre bildet, veranlaßte manche Versuche, die zur Unterhaltung dienten. Nach ernstlicher Prüfung des Lokals und des Niveaus jener Luftschicht konnte ich die auffallenden und erfreulichen Experimente mit sicherer Kühnheit anstellen. Die auf dem unsichtbaren Elemente lustig tanzenden Seifenblasen, das plötzliche Verlöschen eines flackernden Strohwisches, das augenblickliche Wiederentzünden, und was dergleichen sonst noch war, bereitete staunendes Ergetzen solchen Personen, die das Phänomen noch gar nicht kannten, und Bewunderung, wenn sie es noch nicht im Großen und freien ausgeführt gesehen hatten. Und als ich nun gar dieses geheimnisvolle Agens in Pyrmonter Flaschen abgefüllt mit nach Hause trug und in jedem anscheinend leeren Trinkglas das Wunder des auslöschenden Wachsstocks wiederholte, war die Gesellschaft völlig zufrieden und der unglaubige Brunnenmeister so zur Überzeugung gelangt, daß er sich bereit zeigte, mir einige dergleichen wasserleere Flaschen den übrigen gefüllten mit beizupacken, deren Inhalt sich auch in Weimar noch völlig wirksam offenbarte."
Die seit mehr als 200 Jahren vorgeführten Experimente mit der brennenden Kerze, mit Seifenblasen und andere Darstellungen des CO2-Gases sind noch heute sehr beliebt.
Dass es sich aber nicht nur für Vorführungen eignet, sondern ein Heilgas ist, haben viele Kurgäste am eigenen Leibe erleben können. Wie schon Dr. Seip erkannt hatte, ist das Quellgas für therapeutische Zwecke nutzbar. Diese Therapie wurde seit 1950 vom Staatsbad Pyrmont wieder aufgenommen, als das CO2-Quell-gas-Badehaus, das heutige "Parkpalais", gebaut wurde. Die Quellgas-Bäder werden heute im Königin-Luise-Bad abgegeben. Das Staatsbad Pyrmont bietet sie für folgende Indikationen an: Störungen der peripheren Durchblutung, Hypertonie und Coronarinsuffizienz, allergische Erkrankungen (Asthma, Ekzem); schlecht hei-lende Wunden kommen zur Abheilung.
Wie wirksam dieses Heilgas ist, zeigen die Erfahrungen von Gästen der Dunsthöhle. So berichtet ein Besucher, dass er Ausschlag hatte, der trotz aller Behandlungsversuche nicht abheilte. Nach etwa sechs Besuchen trocknete der Ausschag ab und war bei Kurende kaum noch wahrnehmbar.
Das Gebäude über der Dunsthöhle und das Wärterhaus sind im Jahre 2000 erneuert und die Parkanlage neu gestaltet worden, um das Naturphänomen als Teil des "Wasserlaufs" im Rahmen des EXPO-Projekts "Aqua Bad Pyrmont" zu präsentieren.
Den Besuch der Dunsthöhle sollte sich kein Gast entgehen lassen.
Öffnungszeiten und Führungen:
01. April bis 31. Oktober Di.-Fr. 15.00 - 17.30 Uhr,
samstags u. sonntags und feiertags 13.00 - 17.30 Uhr
montags Ruhetag
November bis März auf Anfrage
Tel.: 05281 - 15 15 88 oder 0 52 83 - 84 87
Eintrittspreise mit Führung:
Erwachsene 2,00 € Kinder (bis 14 Jahre) 0,50 €
Gruppe ab 20 Personen 1,50 € pro Person